Öko-soziale Gerechtigkeit in Zeiten der Krise - Debatten zur Umwelt- und Sozialethik in der Katholischen Kirche in Bayern

politisch zu sein

Sich einbringen, streiten, diskutieren – Christ sein heißt, politisch zu sein, eine eigene Meinung zu haben und diese auch zu vertreten. Sich zu engagieren, kann auch bedeuten, auf Widerstände zu stoßen, an manchen Stellen nicht weiterzukommen, sprichwörtlich gegen Mauern zu rennen.

 

Davon aber sollen wir uns nicht entmutigen lassen. „Gehen wir singend voran! Mögen unsere Kämpfe und unsere Sorgen um diesen Planeten uns nicht die Freude und die Hoffnung nehmen“, schreibt Papst Franziskus am Ende von Laudato si‘ (LS 244). Er meint damit: Mutig sollen wir vorangehen. Entschlossen sollen wir sein und für unsere Sache eintreten, nicht aufgeben, wenn es streckenweise nur langsam vorwärts geht und wenn es in vielen Fällen beharrliche Überzeugungsarbeit braucht.

 

Der mediale Erfolg von Fridays for Future ist auch auf die einprägsamen und knapp umschriebenen Forderungen zurückzuführen, mit denen die Jugendlichen Woche für Woche auf die Straßen gehen. Folgende Hauptforderungen an die Politik haben sich herauskristallisiert:

► Den Klimawandel endlich als Krise verstehen: jetzt handeln!

► Konsequente Umsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens aus dem Jahr 2015.

► Erderwärmung auf 1,5 °C beschränken.

 

Diese Einzelforderungen lassen sich unter einer Hauptforderung zusammenfassen: die Forschungsergebnisse der Wissenschaft zum Klimawandel, die seit Jahren auf den Tischen der Politiker in aller Welt liegen, endlich ernst zu nehmen.

 

Und genau das tut auch Papst Franziskus in Laudato si‘: in keiner anderen päpstlichen Veröffentlichung nehmen naturwissenschaftliche Erkenntnisse einen so großen Raum ein. Papst Franziskus will eine „hörende Kirche“, eine die zuerst zuhört, verschiedene Perspektiven und Sichtweisen anhört und sich daraus eine Meinung bildet. Bei der Amazoniensynode im Herbst 2019 wurde das deutlich – durch den Ablauf und die Methode und anhand der Redebeiträge. Alle Synodenteilnehmer hatten Rederecht, durften in vier Minuten ihre Sicht der Dinge darlegen. Nach ein paar solcher Statements wurde für vier Minuten geschwiegen – Zeit, das Gehörte wirken zu lassen, zu reflektieren, den eigenen bisherigen Standpunkt vielleicht zu überdenken. Für unsere kirchlichen Gremien kann diese Methode heilsam sein!

 

Aber Papst Franziskus referiert in Laudato si‘ nicht nur Einschätzungen und Ergebnisse der Wissenschaft, er tut noch etwas Wichtigeres: er bringt diese Ergebnisse in Verbindung mit der christlichen Schöpfungstheologie.

 

Alles ist mit allem verbunden, das ist eine der ganz zentralen Aussagen von Laudato si‘, oder konkreter: „die Sorge um die Natur, die Gerechtigkeit gegenüber den Armen, das Engagement für die Gesellschaft und der innere Friede [sind] untrennbar miteinander verbunden“ (LS 10).