Energie aus Biomasse – Flexibilisierung von Kläranlagen

2.2 Problem 2: Übermaß biogener Rest- und Abfallstoffe

Eine verstärkte energetische Nutzung biogener Rest- und Abfallstoffe trägt nicht nur zur Lösung des Problems einer klimaschädlichen Energieerzeugung bei. Zugleich fördert es einen sinnvollen Umgang (Verwertung statt bloßer Entsorgung) mit diesen Stoffen, dessen große Menge selbst ein Problem darstellt bzw. auf zugrundeliegende Probleme verweist.

Foto von del barrett (unsplash).

Auch wenn die Datenlage unsicher ist und es aufgrund unterschiedlicher Definitionen und schwieriger Abgrenzungen (z.B. zwischen „vermeidbaren“ und „unvermeidbaren“ Lebensmittelabfällen) zu unterschiedlichen Zahlen kommt – eines ist unbestritten: In der gesamten Kette vom Acker oder Stall über Verarbeitung, Transport und Handel bis hin zum Teller im Restaurant oder Privathaushalt fallen große Mengen an eigentlich genießbaren Lebensmitteln an, die ungenutzt übrig bleiben und zu „food waste“ werden.

 

Deutschlandweit produzieren wir auf diese Weise jedes Jahr rund zwölf Millionen Tonnen Lebensmittelabfall. Für Produktion, Verarbeitung und Transport der später weggeworfenen Lebensmittel werden wertvolle Ressourcen wie fruchtbare Böden, Wasser, Nährstoffe und Energie genutzt, ohne Nutzen zu stiften. Zugleich gehen landwirtschaftliche Produktion und insbesondere Fleischerzeugung mit klimaschädlichen Emissionen von CO2 und anderen Treibhausgasen einher, die mit Blick auf die vielen ungenutzten Produkte in diesem Umfang nicht sein müssten.

Lebensmittel als "Mittel für das Leben"

Eine energetische Verwertung übrig gebliebener Lebensmittel scheint also auch mit Blick auf das Problem eines Übermaßes an biogenen Rest- und Abfallstoffen sehr sinnvoll zu sein. Immerhin können die nicht ihrem eigentlichen Zweck (der Ernährung) zugeführten Lebensmittel dann wenigstens in einem weiteren Sinne des Wortes „Mittel für das Leben“ sein – als Energiequelle. Auch wenn die energetische Verwertung von Lebensmitteln bzw. von im Zuge der Lebensmittelproduktion und -nutzung anfallenden Rest- und Abfallstoffen nicht immer die beste Lösung und kein Ersatz für eine echte Agrarwende ist (vgl. Abschnitt 3), kann sie eine ethisch vertretbare Variante sein, die immer noch besser ist, als den Überfluss ohne ökologischen Nutzen zu entsorgen.

Kommentare (2)

09.03.2022 / 14:43 Uhr

Joachim Schütter

End of Pipe

Frage: Wie werden aktuell Abfälle aus Lebensmittelprodukten gesammelt und verwertet? Bei korrekter Trennung und Zuführung einer Verwertung ist dies meiner Kenntnis nach meist eine Form der Kompostierung ohne energetischer Nutzung. Führt eine entsprechende Sammlung und Trennung von Lebensmittelprodukten zu Mengen, die groß genug sind für eine effektive Nutzung in Biogasanlagen auf Kläranlagen? 1. Hintergrund dazu: Es gibt in Bayern viele kleine Kläranlagen die keine eigene Biogasanlage betreiben können. Es bedarf also einer logistischen Sammelstrategie. 2. Hintergrund dazu: Es gibt das Ziel, aus Klärschlamm Phosphor zurück zu gewinnen. Dieses Ziel wird die Klärschlammverwertung verändern. Diese Entwicklung muss berücksichtigt werden, wenn über die Biogas-Verwertung auf Kläranlagen nachgedacht wird.

14.03.2022 / 10:02 Uhr (> Antwort auf Joachim Schütter)

Christian Schaum

Ressourcenschutz

Lieber Herr Schütter, ganz herzlichen Dank für den guten Hinweis. Man kann unterscheiden zwischen der Sammlung von Bioabfall (Haushalte) und gewerblichen Abfall (bspw. aus Gastronomie, Fettabscheider, überlagerte Speisereste etc.). Vor allem „nasse“ organische Abfälle sind gut geeignet für eine Nutzung in der Vergärung (Faulung/Biogasanlage). Der Bioabfall aus Haushalten ist hierbei aufgrund von Gartenabfällen oft limitiert, allerdings gibt es auch Beispiele für eine Nutzung auf Kläranlagen, bspw. in Innsbruck (https://www.ikb.at/klaeranlage-innsbruck). Gewerblicher organischer Abfall kann aufbereitet werden (bspw. Hygienisierung, Entfernung von Störstoffen) und anschließend als „Produkt“ in Faulungen/Biogasanlagen genutzt werden. Somit besteht insgesamt hier ein Potential, allerdings mit der gesellschaftlich/ethischen Fragestellung, wie wir mit organischen Abfällen/Speiseresten umgehen wollen (?) In Bayern gibt es rd. 2.100 Kläranlagen, wobei allen rd. 900 Kläranlagen eine Behandlungsgröße von kleiner 1.000 Einwohnerwerten haben. Erst größere Kläranlagen (ab rd. 30.000 Einwohnerwerten) verfügen über eine weitergehende Klärschlammbehandlung mittels Faulung. Durch geänderte gesetzliche Rahmenbedingungen verändert sich auch die Klärschlammentsorgung, was Bestandteil der Forschung ist (bspw. https://www.unibw.de/wasserwesen/swa/aktuelle-nachrichten/klaerschlammbehandlung oder https://www.unibw.de/wasserwesen/swa/aktuelle-nachrichten/abschlussbericht-phosphorrueckgewinnung). Sehr deutlich wird dabei, dass ganzheitliche Ansätze notwendig werden, um entsprechend sowohl die Ressourcen zu schützen (Luft, Boden, Wasser etc.) aber auch die im Klärschlamm/organischen Abfälle enthaltenen Ressourcen (Energie, Phosphor etc.) zu nutzen. Auch hier mit der gesellschaftlichen/ethischen Fragestellung, was uns dies Wert ist (?)