Energie aus Biomasse – Flexibilisierung von Kläranlagen

1.3 Technologische Innovation als Treiber einer sozial-ökologischen Transformation

Angesichts der drohenden und z.T. bereits überschrittenen planetaren Belastungsgrenzen und der damit einhergehenden Gefährdung der natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen benötigen wir eine tiefgreifende und umfassende sozial-ökologische Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft, zu der z.B. eine Energiewende hin zu einer weitgehend CO2-neutralen Energieerzeugung oder auch ein Umbau der Wirtschaft in Richtung einer Stoffkreisläufe wahrenden und Ressourcen schonenden Kreislaufwirtschaft gehören. Ziel dieser Transformation ist es, allen Menschen (auch in Zukunft) ein gutes, menschenwürdiges Leben zu ermöglichen, das freilich innerhalb der genannten planetaren Grenzen gelebt werden muss.

 

Zwar gibt es einen breiten Konsens, dass diese Transformation notwendig ist – allerdings fehlt es ihr trotz dieser grundsätzlichen Einsicht an Intensität und Tempo. In der Transformationsforschung werden sowohl hemmende als auch fördernde Faktoren diskutiert. Zu den letzteren zählen nicht zuletzt technologische Innovationen, die es erleichtern, umwelt- und ressourcenschonend zu handeln und zu wirtschaften. Auch wenn die Transformation auf grundlegenden Bewusstseinswandel und die Etablierung nachhaltiger, suffizienterer Lebensstile sowie entsprechend handlungsleitende Rahmenordnungen und Anreizstrukturen angewiesen ist und sich nicht durch technologische Innovationen allein gestalten lässt, können diese doch helfen, den Wandel attraktiver zu machen und die notwendigen Einschränkungen und Belastungen gering zu halten. Die sozial-ökologische Transformation braucht daher Akteur*innen, die innovativ denken und handeln, nach neuen (nicht zuletzt technischen) Lösungen suchen und damit einen schöpferischen Beitrag zum gebotenen Wandel leisten.

Fotos von scoob_switzerland (pixabay) und Ivan Bandura (unsplash).

Ein historisches Beispiel für eine ökologisch bedeutsame Innovation ist die gegen Ende des 19. Jahrhunderts beginnende Abwasserbehandlung durch Kläranlagen, die maßgeblich zum Gewässerschutz, damit zum Umwelt- und Gesundheitsschutz und letztlich zum guten Leben beiträgt. Projekte wie FLXsynergy lassen sich als Versuch verstehen, die selbst durch eine Innovation entstandenen Kläranlagen technologisch-innovativ so weiterzuentwickeln, dass sie (insbesondere durch einen verstärkten Beitrag zur Energiewende) die sozial-ökologische Transformation voranbringen.

 

Dazu bedarf es erstens des innovativ wirkenden Zusammenspiels von Wissenschaft und Praxis, zweitens einer hinreichenden Zahl an innovationswilligen und insofern „unternehmerisch“ denkenden Akteur*innen (v.a. im Feld der Kläranlagen-Verantwortlichen und ihrer kommunalpolitischen Auftraggeber) und drittens entsprechender Rahmenordnungen und Anreizstrukturen, die eine solche innovative Weiterentwicklung erleichtern und befördern. Sind diese Voraussetzungen gegeben, können Kläranlagen unter Wahrung ihres klassischen Auftrags des Gewässerschutzes zu wichtigen Treibern einer sozial-ökologischen Transformation und insbesondere der Energiewende werden.

Kommentare (4)

27.01.2022 / 17:21 Uhr

Klaus Hoffmann

Interessante Fragen, aber... - was ist eine "hinreichende" Zahl an Akteueren? - was macht sie "innovationswillig"? Ist das eine Charaktereigenschaft, ist es die Not, sind es Anreize oder Wettbewerb?

28.01.2022 / 12:48 Uhr (> Antwort auf Klaus Hoffmann)

Anonym

Ich finde es schon hinreichend, wenn es keinen Widerstand aus der Kommunalpolitik gibt. Nun mal ehrlich, welcher Bürgermeister und welche Gemeinderätin versteht wirklich, was im Detail in "seiner" Kläranlage abläuft? Wenn ein Gewässer verunreinigt wird, ist das Geschrei groß, aber ansonsten geht es doch darum, dass die Kosten im Rahmen bleiben und es keine negative Presse gibt. Das hat manche Vorteile und gibt einen positiven Gestaltungsrahmen, aber ob und wie man den ausschöpfen will, entscheidet doch jeder mehr oder weniger selbst - am ehesten geben noch Kollegen den Anstoß für Neuerungen.

02.03.2022 / 15:26 Uhr (> Antwort auf Anonym)

BR

Das sind wichtige Fragen. Es ist nur ein kleiner Aspekt, aber was mir gerade auffällt ist, dass mein Kommentar zu 1.2 vielleicht in diesem Zusammenhang auch eine Rolle spielt (https://digi-log.org/de/artikel/122). Kommunalpolitik mit sichtbarem Fortschritt dazu anreizen sich mehr mit solchen Themen zu beschäftigen, als sie lieber zu ignorieren. Quasi aus dem "Schmuddel-Thema" Kläranlage ein "Gewinner-Thema" zu machen?!

09.03.2022 / 14:42 Uhr (> Antwort auf BR)

J. Kempfert

Da haben Sie Recht! Dieses "Schmuddel-Image" von Kläranlagen ist doch ein Armutszeugnis für unsere Gesellschaft. Ich finde es ja ganz interessant, dass sich hier auch Philosophen mit Fäulnis befassen, aber für mich gilt schon lange (und seit kurzem bekomme ich dafür Beifall): ich habe lieber eine Kläranlage in der Nachbarschaft als einen russischen Oligarchen!